Nancy Willard: Gutenberg's Gift

Gutenberg's Gift.
A Book Lover's Pop-Up Book
Nancy Willard
Illustrated by Bryan Leister
Baltimore: Wild Honey, 1988

 

Was Johannes Gutenberg uns eigentlich geschenkt hat

Ein PopUp-Buch zeigt die schwierigen Anfänge des Buchdrucks mit beweglichen Buchstaben

Erste Seite mit einem schönen Ziehmechanismus, der abwechselnd eine frühneuzeitliche  Sommer- udn Winterlandschaft erscheinen läßt, die das Zeitkolorit des ausgehenden 16. Jahrhunderts wiederspiegelt

Immer häufiger ist in letzter Zeit von digitalen Büchern die Rede, der aktuellsten Revolution am Buchmarkt, die nun vollends ausgebrochen zu sein scheint. Revolutionen kommen und gehen und so war es eine ähnliche Revolution, als Johannes Gutenber die Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern erdachte, die an der Zeitenwende zwischen Mittelalter und Neuzeit vieles in unserer Kommunikation änderte und sich schließlich auf alle Lebensbereiche ausgewirkt hat.
Ein besonderes PopUp-Buch beschäftigt sich ein wenig technisch und historisch, aber auch menschlich mit dieser bahnbrechenden Erfindung - zeigt es doch den Erfinder selbst und die Schwierigkeiten, unter denen er seine Buch-Innovation schließlich auf den Weg brachte. Reich ist er dabei nicht geworden - im Gegenteil - er steckte viel Zeit, Know-How, Erfindungsgeist und privates Vermögen in seine innovative Erfindung, mit der viele andere nach ihm reich undberühmt wurden. Dieses PopUp-Buch zum Thema Buchdruck macht besondere Freude beim  durchblättern. Obwohl nur noch über den Antiquariatshandel beziehbar, fällt es aufgrund des Buchdruckthemas aus dem Rahmen. Und das macht es auch zum PopUp-Buch im April 2011. Auf nur 12 Seiten erfahren wir hier die wichtigsten Voraussetzungen, Probleme und zentralen Ideen zum Thema Buchdruck mit beweglichen Lettern, dessen Erfindung wir Johannes Gensfleisch genannt Gutenberg zu verdanken haben. Die Darstellung beginnt damit, daß Gutenberg als Buchliebhaber gezeigt wird. In Zeiten des Abschreibens von ganzen Büchern auf Pergament durch fleißige Mönche, aber auch zu Beginn der Neuzeit durch zahlreiche Werkstätten, die sich in reicheren Städten etablieren konnten, war die Freude an schönen Büchern die Sache von Klöstern und wohlhabenden Zeitgenossen in reichen Handelsstädten, die sich solch aufwändige Buchproduktionen leisten konnten. Für weniger reiche Zeitgenossen war es nahzu unmöglich, in den Besitz von Büchern zu kommen. Umberto Ecos Romanschilderung von einer Benediktinerabtei, in der Morde wegen Büchern begangen werden, ist nicht zuletzt deshalb genauso wahrscheinlich für diese Zeiten, wie es z.B. in der Heidelberger Bibliothek üblich war, daß man die wertvollen Bücher ankettete und sie somit vor dem Gestohlenwerden bewahrte. So ist der Beginn des PopUp-Buches 'Gutenberg's Gift' bereits mit einer schönen Ziehmechanik, bei der sich die Arme der klösterlichen Buchschreiber bewegen und die im Hintergrund sich unterhaltenden Gutenbergs ebenfalls bewegen und erkennen kann.

In laufendem Dialog zwischen Gutenberg und seiner Frau Anna werden die einzelnen Entwicklungsschritte erläutert, die Gutenberg imm er näher an seine eigentliche Pioniertat bringen sollten. Eine noch skeptisch mit dem Kopf hin und her antwortende Anna kann sich die Ankündigung ihres Ehemannes nicht vorstellen, nach der er vorhat, eines Tages die komplette Bibel in seinem neuen Verfahren zu drucken.

Höhepunkt dieses PopUp-Buches über den Buchdruck ist die dreidimensional aus dem Buchseiten herauswachsende Druckerpresse, die exakt derjenigen entpsricht, mit der Gutenberg und viele seiner Nachfolger experimentiert hat. Die Darstellung macht es einfach, die verschiedenen Vorgänge, die zum Druck der einzelnen Seiten noctwendig sind, nachzuvollziehen und sich anhand des detailreichen Papiermodels zu vergegenwärtigen.

Am Ende dieser Buchdruck-Geschichte ist der Meister selbst in seiner Werkstatt erschöpft eingeschlafen. Der Ziehmechanismus dieser Seite läßt das Schnarchen Johannes Gutenbergs ertönen, der es geschafft hat, die 42-zeilige Bibel zu drucken. Im Hintergrund sieht man einige der bedruckten Seiten, die zum Trocknen aufgehängt sind.

Die detailreichen Illustrationen Bryan Leisters geben der Story von Nancy Willard die richtigen Bilder und bewegten Elemente, um nahezu alles wesentliche des Buchdrucks und seiner Anfänge zu verstehen und nachzuempfinden. Der Tatsache, daß es bereits im Jahre 1995 erschienen ist, verdanken wir sicher ein hier noch weniger im Vordergrund stehendes Bewußtsein bezüglich der Vorstellung einer historischen Kommunikatioinstechnik. Mit den heutigen Touchscreens und Lesecomputern ist eine weitere Revolution schon längst im Gange. Man hätte sich noch eine Art Auflistung der wichtigsten Buchdruck-Begriffe gewünscht, die somit einmal mehr der Vergessenheit entrissen hatten werden können. Das Buch ist durchgehend in englischer Sprache erschienen.

Patrik H. Feltes

 

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Patrik H. Feltes, gen. Veltz