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LOSBUCH |
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Mit "Lew, Fuchs, Has oder Geyß" die Zukunft schauen |
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Ein spätmittelalterliches Orakelbuch mit einer Drehscheibe im Jahre 1923 bibliophil nachgedruckt |
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Wohlbekannt sind fast jedem die Geschichten von großen Herrschern und Feldherren, die trotz Glück, Anerkennung und Beliebtheit nicht zufrieden sind, da sie nichts lieber wollen, als die Zukunft vorauszusehen oder ihre Geschicke in diesem oder jenem Vorhaben genauer zu bestimmen. Sie holen sich dann meist Rat z.B. bei Wahrsagern, Sterndeutern, die mit astronomisch- astrologischen Hilfsmitteln probieren, das jeweils passende Stück Zukunft zu ermitteln. Sich dabei immer ganz auf die Intuition des Magiers zu verlassen bringt bereits in der Antike nicht die besten Ergebnisse. Man ist bestrebt, personenunabhängigere Informationen zu erhaschen, deren Wahrheitsgehalt als größer angesehen wird, weil weniger durch die Meinung des Wahrsagenden beeinflußt. |
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Losbücher sind solche Orakelsammlungen, die es nach antiken Vorbildern verstärkt seit dem Mittelalter gibt. Nicht immer ganz im Einklang mit der Kirche stehend, gehören sie zum Volksgut und zur Spielkultur, die die Schwere und die Lasten des Alltags durch alle Gesellschaftsschichten erleíchtern sollten. Die Befragungsergebnisse schließlich nicht ganz ernst zu nehmen, sondern darin einen Unterhaltungswert zu sehen, der den Charakter von Gesellschaftsspielen haben kann, ist die neuere Auffassung solcher Orakelbücher seit der frühen Neuzeit. Trotzdem verweist das Vorwort auch auf Orakelbücher, die "den gläubigen Fragern die Zukunft enthüllen"(2) sollten, was auf Exemplare der griechischen und römischen Antike bezogen wird. Die Beliebtheit solcher Verfahren verhinderte nicht, daß die Orakelbücher verschwanden. Sie konnten sich auch dadurch behaupten, daß man auf ein prominentes Beispiel aus der Apostelgeschichte verweisen konnte, um so das Losen und orakeln salonfähig zu halten. |
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Gemeint ist hier die bibliische Erzählung von der Wahl des Matthias zum Apostel, nachdem Judas umgekommen war und die Apostel einen Nachfolger bestimmen wollten. Da sie sich zuerst nicht zwischen Josef, genannt Barsabbas und Matthias entscheiden können, wird die Nachfolge schließlich per Los bestimmt: |
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Nicht ganz so ernst und nicht mit ähnliucher Konsequenz geht es im vorliegenden Losbuch zu. Unser besonderer Augenmerk liegt dabei auf dem beweglichen Drehscheiben-Element, das unmittelbar an der zweiten Seite verso befestigt ist, wie unten links deutlich zu erkennen ist. |
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Der äußere, fest gedruckte Kreis bezeichnet eine ringförmig angeordnete Anzahl von 51 Tiernamen. Der innere, bewegliche Kreis mit dem offensichtlichen Kopf eines Ungeheuers, dessen Zungenspitze leicht übersteht, dient als eine Art Zeiger dazu, einen der Tiernamen auszuwählen. Damit man dabei nicht schummeln kann und das Ergebnis manipulieren, wird die Scheibe von hinten im geschlossensenen Zustand der Seite gedreht. Die Stelle, wo die Zunge des Ungeheurs stehen geblieben ist, weist nun auf einen der Tiernamen des äußeren Kreises. Hier läßt sich sehr schön erkennen, wie das bewegliche Drehscheibenelement mithilft, das Programm des Losbuches zu erfüllen, indem der ;zufällige Charakter der Auswahl gewahrt bleibt. Im nachfolgenden Losbuch sind nun jedem Namen gereimte Texte zugeordnet, die dem nach der Zukunft fragenden gute oder weniger gute Nachrichten über seine Zukunft verheissen, wie folgendes Beispiel zeigen soll: Bleibt die Zunge z.B. stehen auf 'Der gryff' (gemeint ist 'Der Greiff'), so besagt der dem Greiffen |
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zuzuordnende Text: "Ein Grieff stet im feld aldo / Ir farb ist blolb vund blolb / Blolb bedutet stetikeit Gar lützel es din hertz dreit / Was redet din mund / Das ist dine hertzen unkvunt Wan du pist gar vbel gezogen / Was du seist das ist erlogen." Wir sehen, der dem Greiff zugeordnete Text enthält Gutes und weniger Gutes. Es geht in erster Linie darum, sich beim Drehen uns Lesen zu amüsieren, in heiterer Runde die jeweiligen Ergebnisse zu kommentieren und keinesfalls ganz ernst zu nehmen. Ebenfalls auffallend ist, daß die den einzelnen Tieren zugeordneten Gedichte nicht immer auf typische Charktereigendschaften dieser Tiere verweisen. Der bereits erwähnte Ernst Voullième bemerkt hierzu im Vorwort, daß es weitere Beispiele dieser Abbildungen und Texte in anderen zeitgenössischen Losbüchern oder auch Kartenspielen gibt, die Texte und Tiergedichte anders zuordnen. Hieraus läßt sich schließen, daß die Tiernamen lediglich dazu dienen, die Wahl des jeweiligen Orakelgedichtes mit Hilfe der Drehscheibe als Zufallsgenerator durchzuführen. |
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Anmerkungen |
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(1) Losbuch. Ein scherzhaftes Wahrsagebuch gedruckt von Martin Flach in Basel um 1485. Nach dem einzig bekannten Exemplar der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin. Ein Geleitwort von Ernst Voullième. Berlin: Druck und Verlag der Reichsdruckerei, 1923 | |||
Patrik H. Feltes |
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